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SportGlobal

CAS - Sportgerichtshof als unabhängige und letzte Instanz?

11. März 2024

Wenn es im Sport Streit über Dopingsperren, Wettkampfregeln oder Verträge gibt, entscheidet oft der Internationale Sportgerichtshof CAS. Seit wann gibt es ihn, wie laufen die Verfahren ab, und was bemängeln Kritiker?

Logo des Internationalen Sportgerichtshofs CAS auf einer Glasscheibe
Der CAs in Lausanne gilt als letzte Instanz für Streitfragen im internationalen SportBild: Laurent Gillieron/KEYSTONE/dpa/picture alliance

Was ist der CAS?

Der CAS ist der Internationale Sportgerichtshof mit Sitz in der Schweizer Stadt Lausanne. CAS ist die Abkürzung für Court of Arbitration for Sport, auf Französisch TAS (Tribunal arbitral du sport). Es handelt sich um ein unabhängiges Schiedsgericht, das Urteile in internationalen Sportfragen fällt - zum Beispiel über die Rechtmäßigkeit von Dopingsperren, wenn es um die Einhaltung von Wettkampfregeln geht oder bei Kündigungen und Vertragsfragen.

Insgesamt gehören dem Sportgerichtshof über 400 Schiedsfrauen und -männer aus 87 Staaten an. Sie wurden ausgewählt, weil sie Expertise in Schiedsgerichtsbarkeit und Sportrecht besitzen. Der CAS kann von Sportlern, Vereinen, Sportverbänden, Organisatoren von Sportveranstaltungen, Fernsehanstalten und Sponsoren angerufen werden.

Jährlich werden rund 300 Fälle verhandelt. Die CAS-Urteile gelten zwar innerhalb des Sports, haben aber keine strafrechtliche oder zivilrechtliche Wirkung.

Wie kam es zur Gründung des CAS?

Den CAS gibt es seit dem 30. Juni 1984. Die Idee, eine Gerichtsbarkeit für Streitfälle im internationalen Sport zu schaffen, stammt vom ehemaligen Präsidenten des Internationalen Olympischen Komitees (IOC), Juan Antonio Samaranch.

Das Hauptquartier des CAS befindet sich im Chateau de Bethusy in LausanneBild: Laurent Gillieron/AP Photo/picture alliance

Anlass für den Spanier war Anfang der 1980er Jahre, dass der Sport immer professioneller wurde und es mehr und mehr Fragen gab, in denen geschlichtet werden musste.

Anfangs hatte der CAS 60 Mitglieder, die ausschließlich vom IOC, dem IOC-Präsidenten, internationalen Sportverbänden und den Nationalen Olympischen Komitees bestimmt wurden.

Warum wurde der CAS 1994 reformiert?

Es gab Kritik an der Abhängigkeit des CAS vom IOC. Der Olympische Dachverband finanzierte den Gerichtshof zu 100 Prozent und hatte zudem das Recht, die Statuten zu ändern.

Es folgte daher eine Reform: Man gründete im November 1994 die Stiftung ICAS (International Council of Arbitration for Sport), die seitdem statt des IOC für die Verwaltung und die Finanzierung des CAS zuständig ist. Das ICAS ernennt auch die CAS-Richterinnen und -richter. Die Stiftung finanziert sich zum größten Teil über Verfahrensgebühren, außerdem steuern IOC, FIFA und andere Sportverbände Gelder bei.

Seit 1996 unterhält der CAS bei sportlichen Großereignissen wie den Olympischen Spielen oder der Fußball-WM Ad-hoc-Kammern, die zügig Streitfragen schlichten, die während der Wettkämpfe auftreten und geklärt werden müssen.

Warum gibt es immer noch Kritik?

Viele Kritiker halten den CAS nach wie vor nicht für unabhängig. Nach ihrer Meinung haben die Sportverbände wie das IOC oder die Europäische Fußball-Union UEFA zu großen Einfluss - finanziell und personell. So werden die CAS-Richter von einem Gremium berufen, in dem zum Großteil Vertreter großer Sportorganisationen sitzen.

Mehrfach soll es bei Verfahren zu potenziellen Interessenkonflikten gekommen sein, weil der CAS-Richter zugleich auch Berater eines Sportverbands war, der an dem Verfahren als eine der Streitparteien beteiligt war.

Über seinen Schreibtisch geht jeder verhandelte Fall: CAS-Generalsekretär Matthieu ReebBild: Laurent Gillieron/KEYSTONE/dpa/picture alliance

Ein weiterer Kritikpunkt ist, dass ein kleiner Kreis von CAS-Richtern sehr viele Fälle bearbeitet, während viele andere fast arbeitslos sind. Außerdem ist ungewöhnlich, dass vor ihrer Verkündigung alle Entscheidungen dem Generalsekretär des CAS vorgelegt werden müssen und er noch einmal Einfluss nehmen und Vorschläge zum Urteil machen kann.

Wie läuft ein Schiedsverfahren vor dem CAS ab?

Wer einen Streitfall vom CAS klären lassen möchte, muss dort zunächst einen Antrag auf ein ordentliches Schiedsverfahren oder ein Berufungsverfahren stellen - je nachdem, wie der Fall gelagert ist. Ein Berufungsverfahren ist allerdings erst dann möglich, wenn alle anderen Rechtsmittel innerhalb der betreffenden Sportorganisation ausgeschöpft sind.

Nach Einreichung des Antrags schickt der Beklagte eine schriftliche Antwort an den CAS. Die weitere Kommunikation erfolgt zunächst wechselseitig ebenfalls schriftlich, bis es schließlich zu einer Anhörung mit beiden Parteien kommt. Beide Seiten können Argumente vortragen und Beweise vorlegen. Der endgültige Schiedsspruch wird einige Wochen später mitgeteilt. Bei einem Berufungsverfahren wird er noch am selben Tag verkündet.

Jedes Schiedsverfahren wird von drei Schlichtern begleitet. Beide Streitparteien dürfen sich aus der Liste der Schlichterinnen und Schlichter jeweils einen aussuchen. Die beiden Gewählten entscheiden dann gemeinsam, wer aus ihrem Kollegium den Vorsitz im Schiedsverfahren führen soll.

Sind Urteile des CAS noch anfechtbar?

Die Entscheidungen des Sportgerichtshofs können - wegen des Standorts in Lausanne - vor dem Schweizer Bundesgericht angefochten und auch aufgehoben werden. Allerdings müssen dazu qualifizierte Beschwerdegründe vorliegen. Beispielsweise müssen dem CAS im Schiedsverfahren grobe Verfahrensfehler unterlaufen sein.

Außerdem wird der CAS nicht von allen nationalen Sportverbänden als letzte Instanz anerkannt. Daher ist eine internationale Gleichbehandlung aller Aktiven in Sportrechtsfragen bislang nicht gegeben.

Welche aufsehenerregenden Fälle wurden vor dem CAS verhandelt?

Im November 2009 bestätigte der CAS eine Sperre wegen Blutdopings gegen die deutsche Eischnelllauf-Olympiasiegerin Claudia Pechstein. Pechstein führte jedoch Beweise für eine vererbte Blutanomalie an und zog in der Folge vor mehrere Gerichte in der Schweiz, in Deutschland und sogar vor den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR). Noch immer läuft ihr Kampf um Schadensersatz gegen den Eislauf-Weltverband ISU. Für Oktober 2024 ist dazu ein weiterer Prozess in München angesetzt.

2009 klagte Eisschnellläuferin Claudia Pechstein vor dem CAS gegen eine Dopingsperre Bild: Anja Niedringhaus/AP Photo/picture alliance

Im Februar 2012 verlor Radprofi Alberto Contador seine Siege bei der Tour de France 2010 und dem Giro d'Italia 2011, weil der CAS eine Dopingsperre gegen den Spanier bestätigte.

Im Mai 2019 beschäftigte der Fall der intersexuellen Läuferin Caster Semenya den CAS. Die Südafrikanerin wehrte sich gegen die Auflage des Leichtathletik-Weltverbands IAAF, ihren höheren Testosteronlevel mit Medikamenten künstlich zu senken, um weiterhin an Frauen-Wettbewerben teilnehmen zu dürfen. Der CAS bestätigte zwar, dass dadurch eine Diskriminierung vorliege, stützte aber gleichzeitig die Regelung der IAAF. Erst vor dem EGMR wurde im Juli 2023 im Sinne Semenyas und anderer intersexueller Athletinnen entschieden.

Im Dezember 2020 halbierte der CAS die von der WADA wegen organisiertem Staatsdoping gegen Russland verhängte Vier-Jahres-Sperre auf zwei Jahre und wurde dafür als zu Russland-freundlich kritisiert. 2016 hatte der Sportgerichtshof im Fall der Olympia-Sperre für Russlands Leichtathleten durch die IAAF noch gegen die russische Klage entschieden. Auch die Suspendierung Russlands als IOC-Mitglied wegen der Aufnahme von vier annektierten ukrainischen Gebieten im Zuge des Ukraine-Kriegs bestätigte der CAS Anfang dieses Jahres.

Weitere aktuelle Entscheidungen, die für größere Resonanz sorgten, waren zuletzt die Bestätigung einer vierjährigen Dopingsperren gegen die russische Eiskunstläuferin Kamila Walijewa sowie die Reduzierung der Dopingsperre von Tennisprofi Simona Halep von vier Jahren auf neun Monate.

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