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Politik

Mehr Katholiken als Protestanten in Nordirland

22. September 2022

Die jüngste Volkszählung bestätigt einen Trend, der sich seit Jahren abzeichnet. Für die Zukunft der geteilten Insel stellen sich weitreichende Fragen.

Norirland | Graffiti in Belfast
Religiöses Wandgemälde an einem Haus im Stadtviertel Ardoyne in Belfast, das überwiegend von Katholiken bewohnt wirdBild: Paul Faith/AFP/Getty Images

Erstmals in der 101-jährigen Geschichte Nordirlands leben mehr Katholiken als Protestanten in der britischen Provinz. In einer Volkszählung von 2021 bezeichneten sich 45,7 Prozent der knapp 1,9 Millionen Einwohner als katholisch oder katholisch erzogen, wie das Statistikamt in Belfast erst jetzt mitteilte.

Das war ein knappes Plus von 0,7 Prozentpunkten im Vergleich zum Zensus vor zehn Jahren. Allerdings sank die Zahl der Menschen, die sich als protestantisch oder protestantisch erzogen verstehen, deutlich von 48 Prozent auf 43,5 Prozent. Keiner Religion zugehörig fühlen sich 9,3 Prozent, 2011 waren es 5,6 Prozent.

Religion war ein entscheidender Faktor im jahrzehntelangen nordirischen Bürgerkrieg mit Tausenden Toten. So unterstützen vornehmlich Protestanten die Union mit Großbritannien, während sich vor allem Katholiken für die Wiedervereinigung mit dem EU-Mitglied Republik Irland aussprechen.

"Nur britisch" - "nur irisch" - "nur nordirisch"?

Experten hatten wiederholt darauf hingewiesen, dass die Zahl der Katholiken deutlich zunimmt. Bei der Regionalwahl im Mai hatte mit Sinn Fein erstmals eine katholisch-unionistische Partei die meisten Stimmen erhalten. Wie die Volksabstimmung weiter ergab, bezeichnen sich allerdings etwas mehr Menschen als "nur britisch" denn als "nur irisch" (31,9 bzw. 29,1 Prozent). Als "nur Nordiren" identifizierten sich 19,8 Prozent.

Nach dem Tod von Queen Elizabeth II. vor zwei Wochen legten Unionisten in Belfast Blumen niederBild: Paul Faith/AFP/Getty Images

Seit dem Brexit ist Nordirland verstärkt in den Fokus gerückt. Die EU und Großbritannien hatten Sonderregeln vereinbart, um eine harte Grenze zwischen der Provinz und Irland zu verhindern. Die Folge waren aber Handelsschwierigkeiten zwischen Nordirland und Großbritannien. London will das Abkommen deshalb aufkündigen.

Wie die Zeitung "Guardian" berichtete, will die neue britische Regierungschefin Liz Truss den Konflikt bis April gelöst haben. Dann könnte US-Präsident Joe Biden, der irische Wurzeln hat und das britische Vorgehen scharf kritisiert, anlässlich des 25. Jahrestags des Karfreitagsabkommens zum Staatsbesuch ins Vereinigte Königreich reisen, hieß es.

"Einheit in unserer Zeit" verlangt dieses Wandgemälde in Belfast - seit 1921 ist die irische Insel geteiltBild: Charles McQuillan/Getty Images

Mit dem Karfreitagsabkommen von 1998 wurde der rund 30-jährige Nordirlandkonflikt beendet. Neben der Machtteilung zwischen Katholiken und Protestanten sichert es einen reibungslosen Austausch zwischen dem Norden und dem Süden der Insel zu. Irland war 1921 nach einem Unabhängigkeitskrieg in die Republik Irland und das von Großbritannien regierte Nordirland geteilt worden.

jj/kle (dpa, afp, kna)