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Protest gegen Israel: Generalstreik im Westjordanland

21. April 2024

Aus Protest gegen israelische Armee-Einsätze mit etlichen getöteten Palästinensern hat die Fatah-Bewegung zum Generalstreik im Westjordanland aufgerufen. Geschäfte und Werkstätten bleiben vielerorts geschlossen.

Ein Mann mit Einkaufstüte vor geschlossenen Geschäften in Hebron
Geschlossene Geschäfte in der Stadt HebronBild: Mussa Qawasma/REUTERS

In den Straßen der Stadt Ramallah herrschte am Sonntagmorgen nach Angaben von Augenzeugen kaum Verkehr, Geschäfte und Läden waren verriegelt. Zu dem Streik hatte unter anderem die Fatah-Bewegung aufgerufen. Auslöser der Aktion sind tödliche Einsätze des israelischen Militärs in einem Flüchtlingslager in Tulkarem im Westjordanland.

In Hebron kam der Straßenverkehr zum ErliegenBild: Yosri Aljamal/REUTERS

Bei dem Einsatz im Flüchtlingslager Nur Schams wurden nach Angaben des Roten Halbmonds 14 Menschen getötet, darunter ein 16-Jähriger. Die Armee Israels hatte erklärt, Sicherheitskräfte hätten "zehn Terroristen" bei Kämpfen getötet. Demnach wurden acht weitere israelische Soldaten und ein Polizist verletzt.

Das Gesundheitsministerium des Westjordanlands teilte mit, bei dem Militäreinsatz seien elf Menschen verletzt worden, sieben davon hätten Schussverletzungen. Die israelische Armee habe Rettungskräfte daran gehindert, Verletzten Hilfe zu leisten. Die Armee beendete ihren Einsatz in Nur Schams am Samstagabend nach etwa 48 Stunden, wie Journalisten der Nachrichtenagentur AFP berichteten.

Mehrere Häuser bombardiert

Den Tag über waren Explosionen und Schüsse in dem Flüchtlingslager zu hören gewesen. Nach Angaben der AFP-Reporter wurden mindestens drei Häuser bombardiert, auch Drohnen waren über Nur Schams im Einsatz. Auf Bildern von AFPTV waren Militärfahrzeuge und Soldaten zu sehen, die die engen Straßen des Flüchtlingscamps durchkämmten, in dem fast 7000 Menschen leben.

Das Flüchtlingslager Nur Schams in Tulkarem wird von Explosionen erschüttertBild: Majdi Mohammed/AP Photo/picture alliance

Anwohner sagten der Nachrichtenagentur AFP, der Strom im Flüchtlingslager sei ausgefallen. Außerdem seien Lebensmittel wie Babymilch knapp geworden. Chronisch Kranke wie etwa Dialyse-Patienten hätten während des mehrtägigen Militäreinsatzes keine medizinische Betreuung erhalten. Den Bewohnern zufolge war es niemandem erlaubt, das Lager zu betreten oder zu verlassen.

Krankenwagenfahrer erschossen

Am Samstag wurde der Fahrer eines Krankenwagens des Roten Halbmonds bei Auseinandersetzungen zwischen palästinensischen Dorfbewohnern und jüdischen Siedlern erschossen. Wie die Hilfsorganisation und das Gesundheitsministerium im Westjordanland mitteilten, ereignete sich der Vorfall in As-Sawija nördlich von Ramallah.

Die aktuelle Gewaltwelle hielt auch am Sonntag an. Im Westjordanland griffen zwei Palästinenser nach Angaben des israelischen Militärs israelische Soldaten an. Einer von ihnen habe versucht auf die Soldaten einzustechen. Der andere habe geschossen. In beiden Fällen hätten Soldaten das Feuer eröffnet. Ein Kameramann der Nachrichtenagentur Reuters sah am Ort des Geschehens, einer Kreuzung in der Nähe der palästinensischen Stadt Hebron, eine Leiche.

Palästinensische Krankenwagen warten auf die Erlaubnis zur Einfahrt in das Flüchtlingslager Nur SchamsBild: EPA

Spannungen nehmen weiter zu

Die Lage im Westjordanland hat sich seit Beginn des Kriegs zwischen Israel und der islamistischen Terrororganisation Hamas im Gazastreifen am 7. Oktober noch einmal deutlich verschärft. Seitdem wurden nach Angaben des Gesundheitsministeriums allein im Westjordanland mindestens 462 Palästinenser getötet, die meisten davon bei israelischen Militäreinsätzen. Einige kamen auch bei eigenen Anschlägen auf Israelis zu Tode. Die Hamas ist eine militante islamistische Palästinenserorganisation, die von der Europäischen Union, den USA, Deutschland und weiteren Staaten als Terrororganisation eingestuft wird.

Wegen der Gewalt radikaler israelischer Siedler gegen Palästinenser verhängte die EU am Freitag erstmals Sanktionen. Die US-Regierung reagierte auf die wachsenden Spannungen im Westjordanland zugleich mit weiteren Strafmaßnahmen gegen radikale Siedler.

UN-Gericht befasst sich mit Israels Siedlungspolitik

01:56

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Israel hatte während des Sechs-Tage-Krieges 1967 unter anderem das Westjordanland und Ost-Jerusalem erobert. Die Zahl der israelischen Siedler in dem Gebiet, das zwischen dem Kernland Israels und Jordanien liegt, ist inzwischen auf etwa eine halbe Million gestiegen. Einschließlich Ost-Jerusalems sind es 700.000. Die Siedler leben inmitten von rund drei Millionen Palästinensern. Diese beanspruchen die Gebiete als Teil eines eigenen Staats. 2016 bezeichnete der UN-Sicherheitsrat die israelischen Siedlungen als Verletzung des internationalen Rechts und forderte Israel auf, alle Siedlungsaktivitäten zu stoppen. 

Bald neue Hilfslieferungen für Gazastreifen übers Meer

Unterdessen kündigte Zyperns Präsident und Regierungschef Nikos Christodoulidis an, die EU-Hilfslieferungen in den Gazastreifen über den maritimen Korridor wieder zu starten. "Der Seekorridor kann schon sehr bald wieder seinen Betrieb aufnehmen. Die Amerikaner stehen kurz vor der Fertigstellung des provisorischen Hafens in Gaza", sagt das Staatsoberhaupt Zyperns im Interview mit dem Redaktionsnetzwerk Deutschland. "Wenn der neue Hafen einsatzbereit ist, wird es viel einfacher sein, zwei oder sogar drei Schiffe und auch größere Schiffe mit viel mehr humanitärer Hilfe nach Gaza zu schicken." Dies sei ein wichtiger Schritt, um den Menschen in Gaza angesichts der dortigen humanitären Notlage zu helfen.

kle/gri/AR (dpa, afp, rtr)