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Politik

Aktuell: Biden verkündet Importstopp für russisches Öl

8. März 2022

Nach dem russischen Einmarsch in die Ukraine läutet der US-Präsident die nächste Sanktionsrunde ein. Die Vereinigten Staaten wollen Moskaus Kriegskasse treffen. Ein Überblick.

USA Präsident Joe Biden kündigt Einfuhrverbot für russisches Öl an
"Werden der Kriegsmaschinerie Putins einen schweren Schlag versetzen": US-Präsident Joe Biden im Weißen HausBild: Andrew Harnik/AP Photo/picture alliance

Die wichtigsten Informationen in Kürze:

  • USA verkünden Importstopp für Öl aus Russland
  • Feuerpause wird laut Ukraine gebrochen
  • Evakuierung in Sumy, Schüsse in Mariupol
  • WHO: Attacken auf medizinische Einrichtungen
  • Videoschalte von Scholz und Macron mit Chinas Staatschef Xi

 

Die USA werden wegen des Ukraine-Kriegs den Import von Öl, Flüssiggas und Kohle aus Russland stoppen. Das kündigte Präsident Joe Biden als weitere Strafmaßnahme an. Wegen der russischen Invasion hatten westliche Staaten bereits eine Reihe koordinierter harter Sanktionen verhängt. Bei dem Importstopp für russisches Erdöl preschen die USA nun ohne wichtige europäische Verbündete voran. Die Vereinigten Staaten sind von russischen Energieträgern weniger abhängig als Europa: Nur knapp acht Prozent des von den USA importierten Erdöls stammen aus Russland.

Die Entscheidung der US-Regierung war nach Angaben von Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck mit den Europäern abgestimmt. Deutschland wird zunächst nicht folgen. Es gebe auch keine entsprechenden Forderungen aus Washington, sagte Habeck nach einer Sonderschalte der Energieminister von Bund und Ländern.

Die Colonial-Pipeline, eines der größten Pipeline-Systeme für Ölprodukte in den USA (Archivbild)Bild: Kevin G. Hall/ZUMA/imago images

Großbritannien lässt die Einfuhr von russischem Öl und Ölprodukten bis Ende des Jahres auslaufen. Bis Ende 2022 gebe es für den Markt, Unternehmen und Lieferketten genügend Zeit, die russischen Importe zu ersetzen, erklärte die Regierung.

Brüssel macht Tempo

Auch die EU will so schnell wie möglich unabhängig von russischen Energielieferungen werden. Die EU-Kommission legte einen Plan mit Maßnahmen vor, um die Gasimporte bis Ende des Jahres um zwei Drittel im Vergleich zum Vorjahr zu reduzieren. "Es ist hart, verdammt hart. Aber es ist möglich, wenn wir bereit sind, weiter und schneller voranzugehen als bisher", sagte EU-Kommissionsvizepräsident Frans Timmermans in Brüssel. Es gehe darum, den Ausbau erneuerbarer Energien zu beschleunigen, neue Quellen für Gaslieferungen zu erschließen und den Energieverbrauch zu senken. Zudem soll es Mindestfüllstände für Gasspeicher geben.

Ukraine meldet Bruch der Waffenruhe

Die Kämpfe in der Ukraine dauern an. Derweil gehen die Bemühungen weiter, Zivilisten in Sicherheit zu bringen. Das russische Militär hatte nach eigenen Angaben eine neue Feuerpause in Kraft gesetzt und "humanitäre Korridore" in fünf Städten geöffnet. Genannt wurde - neben der Hauptstadt Kiew und den Großstädten Tschernihiw, Sumy und Charkiw - auch das besonders umkämpfte Mariupol am Asowschen Meer.

Ukrainische Soldaten begleiten Zivilisten aus der Stadt Irpin, nordwestlich von KiewBild: SERGEI SUPINSKY/AFP

Dort wurde die Evakuierung nach Angaben der ukrainischen Regierung erneut durch russische Angriffe blockiert. Das Verteidigungsministerium sprach von "Völkermord". Die strategisch wichtige Hafenstadt wird seit Tagen von russischen Truppen belagert. Laut dem Internationalen Komitee vom Roten Kreuz (IKRK) befinden sich die Bewohner in einer "grauenhaften" Lage ohne Wasser, Strom oder medizinische Versorgung. 200.000 Menschen warten nach Angaben des IKRK darauf, über verschiedene Routen aus der Stadt zu kommen.

Sovsun: "Sie legten Landminen, wo sich Menschen versammeln sollten"

Die ukrainische Parlamentsabgeordnete Inna Sovsun warf Russland vor, in Bezug auf den "humanitären Korridor" in Mariupol gelogen zu haben. In einem Interview der Deutschen Welle sagte Sovsun: "Sie haben humanitäre Korridore versprochen und dann das Grausamste getan, was man sich vorstellen kann. Sie legten Landminen an dem Ort, an dem sich die Menschen versammeln sollten, um das Gebiet zu verlassen." Bei diesen habe es sich hauptsächlich um Frauen und kleine Kinder gehandelt, so die Abgeordnete.

Ukraine: 21 Tote in Sumy

Das ukrainische Präsidialamt bestätigte, dass Evakuierungen im nordöstlich gelegenen Sumy und zudem in Irpin nahe der Hauptstadt Kiew im Gange sind. Nach Auskunft des Gouverneurs der Region konnten mehrere Tausend Menschen Sumy verlassen - neben Einwohnern auch ausländische Studenten. Zuvor waren dort bei russischen Angriffen in der Nacht örtlichen Behörden zufolge mindestens 21 Menschen getötet worden, darunter zwei Kinder. Die Angaben beider Konfliktparteien lassen sich derzeit nur schwer überprüfen.

Schwere Verwüstungen in der nordöstlich gelegenen Stadt CharkiwBild: SERGEY BOBOK/AFP

Laut dem UN-Flüchtlingshilfswerk UNHCR wurden seit Kriegsbeginn mehr als 470 Zivilisten getötet und mehr als 860 verletzt. Das UNHCR zählt nur verifizierte Fälle, die Dunkelziffer dürfte daher sehr hoch sein. Insgesamt seien rund zwei Millionen Menschen ins Ausland geflohen, die meisten von ihnen nach Polen.

Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) bestätigt bislang 16 Angriffe auf medizinische Einrichtungen in der Ukraine. Die Attacken auf Krankenhäuser, Praxen und andere Einrichtungen seien mit Nachdruck zu verurteilen, erklärte der WHO-Regionaldirektor für Europa, Hans Kluge.

Selenskyj: "Sein oder Nichtsein" 

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat per Videoschaltung zu den Abgeordneten des britischen Unterhauses gesprochen. Er beschwor den Kampfgeist seines Landes und bat London um weitere Unterstützung. Für die Ukraine gehe es angesichts des russischen Angriffs um die Frage "Sein oder Nichtsein", sagte Selenskyj und zitierte damit aus der Tragödie "Hamlet" von William Shakespeare. Dank des zähen Widerstands laute die eindeutige Antwort: "Sein". Von Großbritannien erhoffe er sich weitere Sanktionen gegen die russische Wirtschaft und die Einstufung Russlands als terroristischen Staat, so der Präsident. Er erneuerte zudem die Forderung nach einer Flugverbotszone über der Ukraine.

Trotz der Kämpfe will Selenskyj die Hauptstadt seines Landes nicht verlassen. "Ich bleibe in Kiew", sagte er in einer weiteren Videobotschaft. Er verstecke sich nicht und habe vor niemandem Angst. "Heute ist der zwölfte Abend unseres Kampfes, unserer Verteidigung. Wir sind alle vor Ort, alle arbeiten. Jeder, wo er muss. Ich bin in Kiew, mein Team mit mir." Nach Angaben des Präsidialamts rief Selenskyj die ukrainischen Soldaten zurück, die in Auslandsmissionen eingesetzt sind. Die "hochprofessionellen Militärs" würden im Kampf gegen die russische Aggression benötigt, hieß es. Ukrainischen Medien zufolge beteiligt sich das Land an Einsätzen im Kosovo, im Kongo und in der Republik Elfenbeinküste. 

Ukraine meldet Milliardenschäden an Infrastruktur 

Der ukrainische Infrastrukturminister Alexander Kubrakow schätzt allein die Kriegsschäden am Verkehrssystem seines Landes auf jetzt schon mehr als zehn Milliarden US-Dollar. Betroffen seien etwa Brücken, Eisenbahn und Flughäfen, sagte Kubrakow der Onlinezeitung "Ukrajinska Prawda". Er sei überzeugt, dass die meisten Schäden in spätestens zwei Jahren beseitigt sein könnten. Dabei rechnet der Minister wohl auch mit ausländischer Hilfe. "Dieser Krieg ist nicht der unsere", unterstrich er. Die Ukraine verteidige die Interessen der gesamten zivilisierten Welt. "Wir werden das Land nicht auf eigene Faust wiederherstellen."

Digitale Runde von Scholz, Macron und Xi

Bundeskanzler Olaf Scholz und Frankreichs Präsident Emmanuel Macron haben mit Chinas Staats- und Parteichef Xi Jinping über den Ukraine-Krieg gesprochen. Dazu gab es eine Videokonferenz, wie das chinesische Staatsfernsehen berichtete. Xi habe dabei zu "maximaler Zurückhaltung" aufgerufen, weil die Lage in der Ukraine "zutiefst beunruhigend" sei. Russland und die Ukraine rief er dazu auf, "Schwierigkeiten zu überwinden und die Gespräche fortzusetzen, um eine große humanitäre Krise zu verhindern". 

Bei dem Videogipfel rief der chinesische Präsident Xi zu "maximaler Zurückhaltung" im Konflikt um die Ukraine aufBild: Benoit Tessier/AP/picture alliance

Chinas Außenminister Wang Yi hatte am erst Montag deutlich gemacht, dass die Volksrepublik hinter ihrem "strategischen Partner" Russland steht. Peking weigert sich auch, die Invasion zu verurteilen. Bei entsprechenden Abstimmungen der Vereinten Nationen hat sich China der Stimme enthalten.

Gegen Einschränkung der Meinungs- und Pressefreiheit 

Die UN-Kommissarin für Menschenrechte, Michelle Bachelet, warf der russischen Regierung die willkürliche Festnahme von 12.700 Teilnehmern an Anti-Kriegs-Kundgebungen vor. Sie kritisierte repressive Gesetze, mit denen bürgerliche und politische Rechte eingeschränkt sowie gewaltfreie Proteste kriminalisiert würden. Insbesondere prangerte Bachelet Paragrafen an, die die "Diskreditierung" der russischen Armee unter Strafe stellten.

Die Hohe Kommissarin der Vereinten Nationen für Menschenrechte, Michelle Bachelet (Archivbild)Bild: Fabrice Coffrini/AFP/Getty Images

Die Organisation "Reporter ohne Grenzen" rief die Bundesregierung zu einer unbürokratischen Aufnahme von Journalistinnen und Journalisten auf, die Russland verlassen müssen. Rund 150 russische Medienschaffende seien seit Beginn der Invasion in der Ukraine ins Exil gegangen, teilte die Organisation in Berlin unter Berufung auf das unabhängige Portal "Agentstwo" mit. Etliche unabhängige Medien hätten ihre Arbeit wegen der massiven staatlichen Zensur eingestellt, andere berichteten nicht mehr über die Kämpfe in der Ukraine.

Der russische Präsident Wladimir Putin hatte vergangene Woche ein Gesetzespaket unterzeichnet, das die "öffentliche Verbreitung absichtlich falscher Informationen über die Benutzung der Streitkräfte der Russischen Föderation" unter Strafe stellt. Es drohen demnach bis zu 15 Jahre Haft. In russischen Staatsmedien ist nicht von einem Krieg gegen die Ukraine die Rede, sondern von einer "militärischen Spezialaktion".

Dreht Russland seinerseits den Gashahn zu?

Die Regierung im Moskau hatte am Montag erstmals gedroht, die Erdgasversorgung über die nach Deutschland führende Pipeline Nord Stream 1 zu kappen. Vize-Ministerpräsident Alexander Nowak sagte im staatlichen Fernsehen, zwar habe sich die Regierung in Moskau bislang nicht dazu entschieden. "Aber europäische Politiker drängen uns mit ihren Erklärungen und Anschuldigungen gegen Russland in diese Richtung."

Rohrsysteme der Gasempfangsstation der Ostseepipeline Nord Stream 1 (Archiv)Bild: Stefan Sauer/dpa/picture alliance

Nord Stream 1 ist seit etwa einem Jahrzehnt ein wichtiger Strang für die deutsche Gasversorgung. Die Pipeline lauft von Russland aus durch die Ostsee bis Mecklenburg-Vorpommern. Die EU-Länder beziehen mehr als 40 Prozent ihres importierten Erdgases aus Russland.

Gazprom: Lieferungen durch Ukraine auf hohem Niveau

Ungeachtet des Kriegs laufen die russischen Gaslieferungen durch die Ukraine nach Angaben von Gazprom weiter auf hohem Niveau. Die durchgeleitete Menge liege wie vertraglich vereinbart bei 109 Millionen Kubikmetern pro 24 Stunden, teilte der russische Energiekonzern in Moskau mit. Insgesamt sei eine jährliche Menge von 40 Milliarden Kubikmetern vereinbart. Russland hatte bislang immer betont, auch in Krisenzeiten ein zuverlässiger Energielieferant zu sein.

Gespräche zwischen USA und Venezuela

Der Sprecherin des Weißen Hauses, Jen Psaki, zufolge haben die USA vor dem Hintergrund des russischen Angriffskriegs auch mit Venezuela über Energiethemen gesprochen. Dazu seien hochrangige Vertreter der US-Regierung in den südamerikanischen Krisenstaat gereist. Zum Ergebnis der Gespräche am Samstag in der Hauptstadt Caracas machte Psaki jedoch keine Angaben.

Venezolanische Ölarbeiter in der Raffinerie El Palito nahe der Hafenstadt Puerto CabelloBild: Ernesto Vargas/AP/picture alliance

Venezuela, ein enger Verbündeter Russlands in Lateinamerika, hat die größten Ölreserven der Welt. Analysten sehen in dem Land einen möglichen Lieferanten. Die USA haben aber gegen das südamerikanische Land Sanktionen verhängt und den autoritär regierenden Präsidenten Nicolás Maduro wegen Drogenhandels und Geldwäsche angeklagt.

Weitere EU-Sanktionen gegen Belarus geplant

Die EU-Kommission will offenbar mit neuen Sanktionen russische Oligarchen und Politiker sowie belarussische Banken treffen. Das erfuhr die Nachrichtenagentur Reuters von drei mit den Vorgängen befassten Personen. Der Sanktions-Entwurf sieht den Angaben nach vor, drei belarussische Banken aus dem internationalen Zahlungssystem SWIFT auszuschließen. Die EU hat bereits sieben russische Banken für SWIFT gesperrt, Banken aus Belarus jedoch nicht. Mit den geplanten Maßnahmen soll auch der Export von Software und Marine-Ausrüstung gestoppt werden. Vorgesehen ist zudem die Überwachung von Kryptowährungen.

Die belarussische Oppositionsführerin Swetlana Tichanowskaja sagte der Deutschen Welle, man müsse zwischen den Belarussen und dem Regime unterscheiden. "Es waren nicht die Belarussen, die Krieg wollten, die wollten, dass Flugzeuge von unserem Land abheben und Raketen auf die ukrainische Seite schießen." Man dürfe die Menschen nicht für das bestrafen, was der belarussische Machthaber Alexander Lukaschenko tue, der eng mit Putin verbündet ist.

Strahlenschutz-Amt analysiert Atomunfall im Ukraine-Krieg

Kriegsbedingte Schäden an ukrainischen Atomkraftwerken würden für Deutschland laut einer aktuellen Analyse des Bundesamts für Strahlenschutz wenig unmittelbare Gefahren bergen. "Wir haben das für den Fall des größten ukrainischen Kraftwerks Saporischschja durchgespielt", berichtete der Leiter der Abteilung Notfallschutz, Florian Gering. Dabei sei analysiert worden, mit welchen Folgen bei einem "massiven Unfall" zu rechnen wäre. Die gute Nachricht: "Die Auswirkungen für Deutschland wären gering", sagte Gering der Zeitung "Die Welt". "Nur in 17 Prozent der Wetterlagen würden radioaktive Stoffe überhaupt nach Westen getragen." Seine größte Sorge sei stattdessen die Gefährdung der Menschen vor Ort, so Gering.

Bereits unter Kontrolle russischer Truppen: das AKW Saporischschja (Archiv)Bild: Photoshot/picture alliance

FIFA öffnet vorübergehendes Transferfenster

Wegen des russischen Angriffskrieges in der Ukraine dürfen ausländische Fußballspieler und Trainer ihre Verträge in den beiden Ländern kündigen und sofort in andere Ligen wechseln. Das gab der Weltverband FIFA bekannt. Spieler und Trainer, die bis zum Ende der Saison in Russland am 30. Juni kündigten, würden als "vertragslose Spieler" behandelt und hätten "die Freiheit, einen Vertrag bei einem anderen Klub zu unterschreiben, ohne irgendwelche Konsequenzen tragen zu müssen". Wer von dieser Regelung Gebrauch mache, könne in der neuen Saison seinen Verein frei wählen. Vor einer Woche hatte die FIFA bereits Russlands Nationalmannschaft von der WM in Katar ausgeschlossen.

jj/sti/wa/uh/haz/rb (dpa, afp, rtr, epd, sid)

Dieser Artikel wird am Tag des Erscheinens fortlaufend aktualisiert.

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